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Kastration bei der Hündin 20. Mai 2022

Hündinnen im Zyklus: Für und Wider einer Kastration

Die Kastration einer Hündin ist im Gegensatz zum Rüden ein großer operativer Eingriff. In welchen Fällen und zu welchem Zeitpunkt ist eine Kastration anzuraten?

Ein gemischtes intaktes Rudel bedarf ein gutes Management, um ungewollte Würfe zu vermeiden.
Ein gemischtes intaktes Rudel bedarf ein gutes Management, um ungewollte Würfe zu vermeiden.
Inhaltsverzeichnis

Dr. med. vet. Gabriele Schanen, Gabriele Zimmer, Jana Bierwirth

Eine ausführliche Beratung der Besitzer über die Risiken einer operativen Kastration der Hündin sowie einer hormonellen Behandlung ist unverzichtbar. Auch die individuelle Indikationsstellung unter Abwägung der Vor- und Nachteile ist ein wichtiger Punkt bei der Vorsorgeuntersuchung und Voruntersuchung für eine Kastration.

Der Zyklus der Hündin

Eine Hündin wird je nach Rasse zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat zum ersten Mal läufig. Die Läufigkeit besteht aus den Phasen Proöstrus und Östrus. Die Dauer von Proöstrus sowie des nachfolgenden Östrus beträgt jeweils ca. 9 Tage. In diesem Zeitraum ist die Vulva durch den Östrogeneinfluss deutlich angeschwollen, es kommt zu einem mehr oder weniger starken Scheidenausfluss. Dieser ist im Proöstrus blutig, die Hündinnen sind attraktiv für Rüden. Im Östrus wird der Scheidenausfluss heller und reduzierter, die Hündin duldet gegen Ende des Östrus (Zeitpunkt der Ovulation) die Rüden.

Abb. 12:
Ermittlung des Zyklusstands mittels Vaginalzytologie
Die physiologischen hormonellen Veränderungen am Vaginalepithel kann man mittels eines Scheidenabstrichs und nachfolgender zytologischer Untersuchung nachweisen und somit den Zyklusstand einer Hündin charakterisieren.
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Die Östrogenwerte steigen im Proöstrus bis zu einem Höchstwert von ca. 255 pmol/l. Mit dem Östrogen-Peak wird von der Hypophyse das Luteinisierungshormon (LH) freigesetzt. Gemeinsam mit dem Follikelstimulierenden Hormon (FSH) kommt es dann zum Eisprung (Ovulation). Die Progesteronwerte sind im Proöstrus noch niedrig und steigen im Östrus nach dem präovulatorischen LH-Peak rasch bis auf 80 nmol/l an, während die Östradiolwerte wieder abfallen.

In der Vaginalzytologie finden sich im Proöstrus vermehrt Superfizialzellen, vereinzelt Intermediär- und Parabasalzellen, ebenso sind kernlose Schollen und Erythrozyten gehäuft im Proöstrus zu finden sowie ganz vereinzelt Leukozyten.


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Im Östrus ist die Anzahl der Superfizialzellen (siehe Abb. 1) deutlich erhöht, es finden sich weiterhin viele kernlose Schollen, die Anzahl der Intermediär- und Parabasalzellen sowie Erythrozyten wird deutlich geringer.

Der sich anschließende Metöstrus hält ca. 60–80 Tage an (= Gelbkörperphase mit Progesteronanstieg im frühen Metöstrus bis Maximum am Tag 15–30 post ovulationem sowie Gelbkörperatrophie mit Progesteronabfall im späten Metöstrus). In diesem Zeitraum liegt die Gravidität (Trächtigkeit) nach Bedeckung der Hündin (ca. 63 ± 6 Tage) sowie die Laktation bzw. Lactatio falsa (Scheinträchtigkeit, niedrige Progesteronwerte, erhöhte Prolaktinwerte) und die sich anschließende Desquamation des Endometriums (Abstoßung Gebärmutterschleimhaut) sowie dessen Regeneration. In der Vaginalzytologie sind nun nur noch vereinzelt Superfizialzellen zu finden, es liegen keine kernlosen Schollen mehr vor; Leukozyten können vermehrt auftreten. Mit Abschluss der Endometriumregeneration verschwinden die Erythrozyten vollständig.

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Die Dauer des Anöstrus (Phase ohne Follikelwachstum an den Ovarien, Gelbkörper zurückgebildet; gegen Ende Entwicklung von Tertiärfollikeln) ist variabel (Wochen bis Monate). In diesem Zeitraum findet die subklinische Vorbereitung für den nächsten Proöstrus statt. Äußerlich sind keine klinischen Symptome erkennbar.

Festsetzung des Zeitpunktes für eine Kastration

Der früheste Zeitpunkt für eine Kastration ist ca. 20 Tage nach Abschluss der Läufigkeit. Allerdings ist zu diesem Zeitpunkt die Blutversorgung des Uterus und der Ovarien noch stark ausgeprägt und die Blutungsneigung intraoperativ hoch. Eine mögliche Indikation zu diesem Zeitpunkt wäre die Kastration einer fehlgedeckten Hündin mit Entfernung von Uterus und Eierstöcken (Ovariohysterektomie). Jedoch sollten hierbei ethische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle spielen und die Notwendigkeit einer derartigen Kastration ernsthaft mit dem Besitzer diskutiert werden.

Der ideale Zeitpunkt für eine Kastration ist ca. 3 Monate nach der Läufigkeit. Die Gelbkörper (Corpora lutea) sind bereits inaktiv und die Durchblutung der weiblichen Geschlechtsorgane somit deutlich reduziert.

Sollte eine Scheinträchtigkeit (Lactatio falsa, Pseudogravidität) vorliegen, muss diese zunächst behandelt werden und eine Kastration nach vollständigem Abklingen des Milcheinschusses in das Gesäuge, am besten 2 Monate nach einer erfolgreichen Behandlung, erfolgen.

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Nach einer Geburt kann eine Kastration der Mutterhündin erfolgen, sobald die Welpen abgesetzt sind (nach ca. 6–8 Wochen) und die Laktation beendet ist.

Bei Gebärmutterentzündungen (Endometritis) sollte eine Ovariohysterektomie sofort nach Stabilisierung der Hündin erfolgen. Alternativ kann eine konservative Therapie mit dem Antigestagen Aglepriston (Alizin®) bei narkosegefährdeten Tieren versucht werden.

Frühkastration

Hündinnen, die vor Eintritt der ersten Läufigkeit kastriert werden (Frühkastration), sind häufig aktiver und behalten ihren gesteigerten Spieltrieb. In Wachstum und Größe besteht jedoch kein Unterschied zu spätkastrierten Hündinnen; frühkastrierte Hündinnen werden im Gegensatz zum frühkastrierten Rüden nicht größer.

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Ein Nachteil ist die perivulväre Hautfalten-Dermatitis nach Frühkastration. Die Scheide bleibt infantil und klein; dadurch verschwindet sie tief zwischen dem umliegenden Fettgewebe und Hautfalten. In den feucht-warmen Hautfalten kommt es rasch zu einer sekundären bakteriellen Infektion und Besiedelung mit stark juckenden Hefepilzen (Malassezien). Das ständige Lecken an der Vulva kann zu aufsteigenden Infektionen in Form einer chronischen Vaginitis bis hin zu einer Cystitis führen. Eine Vulvafaltendermatitis kann jedoch auch bei kastrierten adulten Hündinnen durch Rückbildung von Vulva und Scheidenvorhof sowie bei stark adipösen Hündinnen vorkommen

Eine Kastration per se schützt nicht vor Mammatumoren; sie kann zur Hormonimbalanz und Anstieg der Inzidenz bösartiger Tumore führen. Durch die Kastration kommt es zum Verlust von Östrogen- und Progesteronrezeptoren in der Mamma, was zu einer erhöhten Malignität von Gesäugetumoren insbesondere bei prädisponierten Rassen wie dem Cocker Spaniel, Dackel oder Pudel, führen kann. Die Hormonrezeptoren für Östrogen und Progesteron sind in malignen Mammatumoren in geringerer Anzahl vorhanden als in gutartigen Gesäugetumoren.

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Eine frühzeitige Kastration kann auch einen negativen Einfluss auf das Entstehen anderer Tumorarten oder orthopädischer Erkrankungen haben. Dazu gehören u. a. Kreuzbandriss, Hüftgelenksdysplasie, maligne Lymphome oder Osteosarkome insbesondere bei großwüchsigen Rassen. Aus diesen diversen Gründen wird inzwischen von einer Kastration vor der 1. Läufigkeit abgeraten.

Medizinische Indikationen für eine Kastration

Ovarialzysten

Ovarialzysten lassen sich sonografisch gut darstellen (siehe Abb. 2). Es gibt verschiedene Arten von Ovarialzysten wie östrogenproduzierende Follikelzysten, Germinal-Einschlusskörperchen, Rete ovarii-Zysten oder Luteinzysten. Differenzialdiagnostisch können auch zystische Gelbkörper oder Paraovarialzysten vorliegen. Nur die endokrin aktiven, östrogenproduzierenden Follikelzysten führen klinisch zum Teil zu schwerwiegenden Symptomen wie Dauerläufigkeit bzw. verkürzte Intervalle zwischen den einzelnen Läufigkeiten, hormonelle Alopezie v. a. im Bereich der Genitalien und Innenschenkel sowie Blutungsneigung durch Panzytopenien (= Abnahme aller Blutstammzellen aus dem Knochenmark: Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten). Durch den langanhaltenden Östrogeneinfluss proliferiert die Uterusschleimhaut und es entwickelt sich parallel eine Endometritis oder Pyometra (siehe Abb. 3).

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Eine konservative Therapie mit GnRH (Buserlin, 0,8 μg/Tier s. c., 2-malige Gabe im Abstand von 90 Minuten, dann 6-mal im Abstand von 12 Stunden) oder hCG (300 IE/Tier einmalig i. v.) kann bei Zuchthündinnen oder Hündinnen mit hohem Narkoserisiko versucht werden. Die Kastration (Ovarektomie [Entfernung der Eierstöcke], Ovariohysterektomie oder auch Zystektomie [Entfernung nur der Eierstockzyste mit Erhaltung der Zuchtfähigkeit]) beugt Rezidiven vor und sollte bei fehlendem konservativen Behandlungserfolg und Hündinnen, die nicht für die Zucht vorgesehen sind, durchgeführt werden.

Ovarialtumore

Mit Ausnahme endokrin aktiver Ovarialtumore (Granulosazelltumor mit klinischer Symptomatik durch Östrogen) sind Ovarialtumore häufig sonografische Zufallsbefunde; sie metastasieren selten (20 % Metastasierungsrate). Eine Cornektomie (einseitige Entfernung des Ovars und Uterushornes) bei Zuchthündinnen oder eine Ovariohysterektomie ist die Therapie der Wahl.

Endometritis/Pyometra

Eine Gebärmutterentzündung (siehe Abb. 4) kann durch Zyklusstörungen während der Läufigkeit bzw. im hohen Alter, durch Gestagentherapie oder Ovarerkrankungen entstehen. Nicht immer, aber häufig, ist sie verbunden mit klinischer Symptomatik wie Fieber, gestörtem Allgemeinbefinden, eitrig-blutigem oder schleimigem Scheidenausfluss und unter Umständen auch einem deutlich vergrößerten, akuten Abdomen. Sie tritt meist innerhalb von 4 bis zu 16 Wochen nach der Läufigkeit auf.

Die Bestimmung von Progesteron ist nur dann erforderlich, wenn eine konservative Therapie mit Aglepriston/Alizin® in Kombination mit einer antibiotischen Behandlung durchgeführt werden soll: Progesteronwerte (P4) > 2 ng/ml sind erforderlich für eine erfolgreiche Therapie. Aglepriston ist ein kompetitiver Progesteronantagonist; es hat eine deutlich stärkere Affinität zu Progesteronrezeptoren als Progesteron selbst und blockiert somit die Progesteronrezeptoren am Uterus. Durch den dadurch fehlenden Progesteroneinfluss auf die Gebärmutter öffnet sich die Cervix und es kommt zu Spontankontraktionen am Uterus; die Proliferation der Uterusschleimhaut sowie die Sekretion der Uterusdrüsen gehen zurück.

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Alizin® sollte nicht eingesetzt werden bei Östrogen-bedingten Endometritiden oder bei der geschlossenen Form der Pyometra (ohne Ausfluss aus der Scheide). In letzterem Fall besteht sonst die Gefahr einer Uterusruptur bzw. Peritonitis durch Austreten von Eiter über die Tuben (Bursa ovarica) retrograd in den Bauchraum.

Die subkutane Injektion von Alizin® erfolgt am Tag der sonografischen Diagnosestellung, eine zweite Injektion erfolgt 24 Stunden später. Eine sonografische Kontrolluntersuchung sollte am Tag 7 durchgeführt werden; je nach Füllungszustand der Gebärmutter ist noch eine dritte Injektion am Tag 7 nötig.

Eine weitere konservative Therapiemaßnahme ist die Gabe von Prostaglandin (Prostaglandin F2α; Dinoprost oder Cloprostenol), teilweise in Kombination mit Aglepriston, um eine Motilitätssteigerung des Uterus durch Förderung des Gelbkörperabbaus (Luteolyse) zu erreichen. PGF2α darf ebenfalls nicht bei einer geschlossenen Pyometra eingesetzt werden.

Der Dopaminantagonist Cabergolin, in der Regel als Prolaktinhemmer in der Scheinträchtigkeit eingesetzt, bewirkt ab Tag 25 nach der Läufigkeit eine retardierte (verzögerte) Luteolyse. Die dadurch ausgelösten Uteruskontraktionen sind jedoch sehr schwach, sodass dieses Präparat nur in Kombination mit Aglepriston oder Prostaglandinen Anwendung findet.

Eine Ovariohysterektomie sollte bei Nichterfolg des konservativen Therapieversuches und in allen anderen Fällen erfolgen.

Akute Vaginitis/Junghundvaginitis

Vaginitis (Entzündung der Vaginalschleimhaut) tritt manchmal präpubertär vor der 1. Läufigkeit auf. Die Scheidenschleimhaut weist aufgrund des noch fehlenden Östrogeneinflusses keine Proliferation der einzelnen Epithelschichten auf und ist dadurch anfälliger für Infektionen. Aus diesem Grund wird in derartigen Fällen auch von einer Frühkastration (vor Eintritt der ersten Läufigkeit) abgeraten. Häufig erfolgt eine Spontanheilung mit der ersten Läufigkeit durch die nun ansteigenden Östrogenspiegel im Blut und Zunahme der Zellschichten in der Vagina.

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Die Behandlung bis zur ersten Läufigkeit besteht in Vaginalspülungen: Eine körperwarme, sterile, isotone Kochsalzlösung oder ein Polyvinylpyrrolidon-Jod- bzw. Kamille-Gemisch wird über einen flexiblen Spülkatheter in die Vagina eingebracht, nach mehrminütiger Einwirkzeit wird die Lösung dann vorsichtig herausmassiert; das Vorgehen muss ggf. im Abstand von 2–3 Tagen wiederholt werden.

Vereinzelt kann eine akute Vaginitis auch nach dem Deckakt und bei frühkastrierten Hündinnen vorkommen.

Chronische Vaginitis/Vaginitis der geschlechtsreifen Hündin

Diese Form der Vaginitis wird bei frühkastrierten Hündinnen beobachtet, meist ist die Ursache eine perivulväre Dermatitis durch die in tiefen Hautfalten gelegene kleine Scheide. Aufgrund meist multiresistenter Keime ist eine systemische antibiotische Therapie meist nicht erfolgversprechend; vaginale Spülungen, chirurgische Korrektur von Missbildungen (Vaginalspangen) bzw. plastische Chirurgie bei Vulvafaltendermatitis (Schmetterlingsplastik) können eine Besserung der Symptomatik bewirken.

In schwerwiegenden Fällen kann eine Autovakzine (in Form einer vaginalen Spülung, Schluckvakzine oder als Injektion) zusätzlich eingesetzt werden.

Ovarrest-Syndrom (Ovarian-Remnant-Syndrome/ORS)

Bei einer unvollständigen Kastration mit verbliebenem Restovargewebe im Bauchraum kann die Hündin wieder Läufigkeitssymptome zeigen. Mittel der Wahl für die Diagnosestellung ist die Bestimmung des Anti-Müller-Hormons (AMH) im Blut. AMH-Konzentrationen im Graubereich bzw. deutlich erhöhte Werte sprechen für eine intakte bzw. nicht vollständig kastrierte Hündin. In diesem Fall muss das Restovargewebe in einer zweiten Operation entfernt werden.

Vaginalprolaps

Ein Scheidenprolaps kommt v. a. bei Hündinnen großer Rassen vor. In der Regel liegt ein Läufigkeitsprolaps vor, d. h. im Proöstrus und Östrus proliferiert die Scheidenschleimhaut so stark, dass sie sich über die Vulva hinaus nach außen vorwölbt und der Vestibulumboden in der Scheide sichtbar wird (einlappiger Vorfall). Teilweise stülpen sich später auch noch die Seitenwände des Vestibulums vor (dreilappiger Vorfall). Ursache ist ein Hyperöstrogenismus, der auch durch einen östrogenproduzierenden Eierstocktumor (Granulosazelltumor) oder durch einen Östrogenanstieg gegen Ende der Trächtigkeit vorliegen kann. Eine gleichzeitige Kastration wird nach erfolgreicher Reposition des Scheidenvorfalls angeraten, da die Rezidivneigung hoch ist.

Scheidentumore

Die beim Urinabsatz manchmal aus der Scheide hervortretenden, z. T. gestielten und polypenartig wachsenden Vaginaltumore (siehe Abb. 5) sind meist gutartig (Fibrome, Leiomyome). Sie können zu Zwischenblutungen führen und Urinabsatzbeschwerden auslösen, wenn sie den Scheidenvorhof stark einengen. Durch den Östrogeneinfluss in der Läufigkeit steigt ihre Mitoserate und sie proliferieren stark. Deshalb ist auch hier bei chirurgischer Entfernung die gleichzeitige Kastration unbedingt zu empfehlen.

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Diabetes mellitus

Im Metöstrus oder Diöstrus kommt es durch den Anstieg von Progesteron zu einer vermehrten Produktion von Wachstumshormon (somatotropes Hormon, STH) im Gesäuge einer unkastrierten Hündin. STH und Progesteron sind Antagonisten zum Insulin und können somit die Insulin-Einstellung einer an Diabetes mellitus erkrankten Hündin erschweren oder behindern. Eine Kastration erleichtert die Behandlung und führt zu einer rascheren Normalisierung des Glukosespiegels durch besseres Ansprechen auf Insulin.

Lactatio falsa

Scheinträchtigkeit ist ein Atavismus (= Merkmal, das Vorfahren einer Art besaßen, das in der Evolution schon verschwunden war und in späteren Generationen wieder auftritt) aus der Zeit der Rudelbildung bei Wölfen und Hunden. Im Rudel untergeordnete Wölfinnen haben die Aufzucht der von der Leitwölfin geworfenen Welpen übernommen.

Bei immer wieder auftretenden Scheinträchtigkeiten mit Anbildung und teilweise sogar Entzündung des Gesäuges (siehe Abb. 6) sollte – v. a. auch bei gleichzeitigen Verhaltensauffälligkeiten während der Scheinträchtigkeit mit Anorexie, Apathie und Adynamie (Antriebsarmut) – eine Kastration mit dem Besitzer abgesprochen werden.

Mammatumore

Die Kastration zum Zeitpunkt der Gesäugetumorentfernung scheint nach der aktuellen Studienlage kaum einen Effekt auf Rezidive, Metastasierung oder Entstehung weiterer Tumore zu haben. Nur bei malignen Mammatumoren mit starker Östrogenrezeptorexpression und Wachstum in der Läufigkeit – bei der intakten Hündin nur selten vorkommend – könnte eine gleichzeitige Kastration die Rezidivneigung reduzieren.

Epilepsie

Bei Hündinnen mit bekannter Epilepsie, die zyklusabhängig gehäuft in der Läufigkeit oder 1–3 Monate danach Krampfanfälle zeigen, ist eine Kastration hilfreich zur Kontrolle der Anfallshäufigkeit.

Vorteile einer Kastration

Im Vordergrund steht bei einer Kastration der Hündin die dauerhafte Unterbindung der Läufigkeit, Vermeidung einer Fehlbedeckung sowie Vorbeugung von Gebärmutterentzündungen v. a. bei der alten Hündin. Hündinnen, die regelmäßig nach einer Läufigkeit zu Scheinträchtigkeiten neigen, profitieren auch von einer Kastration.

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Einen gewissen positiven Einfluss kann eine Kastration auch auf hormonell bedingte Verhaltensstörungen haben. Hierzu gehören Konflikte unter gleichgeschlechtlichen Tieren (außer erlerntes Verhalten). Aggressionen im Zusammenhang mit Futter oder aufgrund von Angst sind jedoch nicht durch eine Kastration beeinflussbar.

Die Kastration vor dem 2. Lebensjahr wird zur Vorbeugung von Vaginal-, Scheiden- und Uterustumoren bei gefährdeten Rassen teilweise empfohlen.

Bei Hündinnen mit Diabetes mellitus kann die Kastration einer Insulinresistenz durch zyklusbedingte erhöhte Progesteron-Blutspiegel entgegenwirken.

Nachteile einer Kastration

Körpergewichtszunahme

Die Ursache für eine Körpergewichtszunahme (siehe Abb. 7) liegt in gesteigertem Appetit sowie Bewegungsunlust gepaart mit mangelndem Auslauf. Östrogene hemmen bei nicht-kastrierten Hündinnen v. a. während der Läufigkeit den Appetit, sie wirken als Appetitzügler. Durch den Mangel an Östrogenen kann es nach einer Kastration zu ungezügelter Nahrungsaufnahme und ständigem Betteln kommen.

Verhaltensänderungen

Im Vordergrund stehen eine zunehmende verminderte Aktivität und nachlassender Spieltrieb. Eine Zunahme der Dominanzaggression gegenüber Familienmitgliedern kann vereinzelt beobachtet werden.

Haarkleidveränderungen

Eine Zunahme des Haarwechsels und die Entwicklung eines flaumigeren Haarkleides (Welpenfell) können v. a. bei langhaarigen Rassen auftreten. Ebenso kann es bei diesen Rassen beidseits symmetrisch in den Flanken zu einer nicht-juckenden Alopezie kommen (siehe Abb. 8).

Bei kurzhaarigen Hunderassen kann Monate bis Jahre nach einer Kastration in Einzelfällen symmetrischer Haarverlust und -ausfall, beginnend in der Genitalregion und langsam fortschreitend zum Rumpf des Tieres, vorkommen.

Harninkontinenz

Typische Symptome für eine kastrationsbedingte Harninkontinenz ist das unkontrollierte Auftreten des Urinverlustes im Schlaf, insbesondere nachts. Die Stelle, an der die Hündin lag, ist morgens feucht und nass. Ursache ist eine Verminderung des Widerstandes der Harnröhre und eine Schwäche des Harnblasensphinkters nach Kastration. Das Problem tritt entweder unmittelbar nach der Kastration auf oder erst mehrere Jahre später, meist jedoch innerhalb der ersten drei Jahre nach einer Kastration.

Ob es jedoch letztendlich zum symptomatischen Harnträufeln kommt, hängt von der Rasse, dem Körpergewicht, Zustand der Rute (kupiert) und Position der Harnblase bzw. von der Länge der Harnröhre ab. Vor allem Hündinnen ab einem Körpergewicht von 20 kg können betroffen sein. Besonders gefährdet sind Boxerhündinnen (siehe Abb. 9), daneben neigen auch Dobermann, Pinscher und Riesenschnauzer überdurchschnittlich stark zu Harninkontinenz.

Um das Risiko einzugrenzen, kann eine sonografische Untersuchung der Position der Harnblase im Abdomen vor einer Kastration durchgeführt werden. Bei prädisponierten Hündinnen kann unabhängig von der Rasse ein weit kaudal im Becken gelegener Harnblasenhals Hinweise auf eine zu kurze Harnröhre mit dadurch postoperativ deutlich reduzierter Spannung auf den Harnblasensphinkter (Short-Urethra-Syndrom) geben.

Neigung zu Harnblasenentzündungen

Der mögliche Grund hierfür ist eine hormonell bedingte Veränderung des Mucopolysaccharidfilmes auf der Harnblasenmukosa, der ein Anhaften von Bakterien an der Harnblasenschleimhaut bei intakten Hündinnen verhindern soll.

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Perianaltumore

Es wird ein gehäuftes Auftreten von Parianaltumoren v. a. bei kastrierten Hündinnen beobachtet.

Kardiale Tumore (Hämangiosarkom)

Hierbei scheinen kastrierte Hündinnen prädisponierter Rassen ein 4-fach höheres Risiko für die Entwicklung kardialer Tumore zu haben als unkastrierte Hündinnen.

Hormonelle Läufigkeitsunterdrückung

Gestagenpräparate

Zur temporären Zyklusunterdrückung werden Gestagenpräparate wie Medroxyprogesteronacetat (Perlutex®, Sedometril®) oder Proligeston (Delvosteron®) eingesetzt. Diese Präparate hemmen die Gonadotropinfreisetzung auf Höhe der Hypothalamus-Hypophysenachse und sind antiöstrogen wirksam. Somit verhindern sie die Follikelentwickung an den Ovarien und damit auch die Ovulation und fördern eine rasche Gelbkörperatrophie. Aus diesem Grund sollte die Behandlung ausschließlich nach Abschluss der Regeneration des Endometriums und Ausklingen der Funktion der Gelbkörper im Anöstrus erfolgen, bevor die Ovartätigkeit im Proöstrus wieder einsetzt – d. h. 4–5 Monate nach der letzten Läufigkeit. Am besten wird der optimale Zeitpunkt und der genaue Zyklusstand mittels einer vaginalzytologischen Untersuchung bestimmt. Weitere Injektionen zur permanenten Läufigkeitsunterdrückung könnten dann 3 Monate nach der 1. Injektion, 4 Monate nach der 2. Injektion und nachfolgend 5 Monate nach den vorherigen Injektionen erfolgen. Das Datum der jeweiligen Injektionen sollte in einem Injektions-Pass genau vermerkt werden.

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Nach Absetzen des Präparates setzt die Läufigkeit innerhalb von 9–12 Monaten wieder ein. In seltenen Fällen kann jedoch ein permanenter Anöstrus mit ausbleibender Läufigkeit folgen. Vor allem Besitzer von Zuchthündinnen müssen darauf hingewiesen werden.

Diese Behandlung ist jedoch mit teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden: Neben Haarausfall an der Injektionsstelle treten vor allem bei langfristig behandelten Hündinnen Gebärmutterentzündungen (Endometritis, glandulär-zystische Hypertrophie des Endometriums, Pyometra), endokrine Erkankungen wie Diabetes mellitus oder Hypercortisolismus sowie Gesäugetumore auf. Ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten der Nebenwirkungen besteht bei Gabe dieser Hormone in der fortgeschrittenen Läufigkeit, bei älteren Hündinnen mit unregelmäßigem Zyklus, bei wiederholter und langfristiger Gabe sowie bei Überdosierungen. Aus diesem Grund wird heutzutage von einer hormonellen Unterdrückung der Läufigkeit unbedingt abgeraten.

In der Zucht ist es auf jeden Fall vorzuziehen, die Rüden durch einen Hormonchip (Deslorelin/Suprelorin®) vorübergehend unfruchtbar zu machen.

GnRH-Agonisten

Deslorelin 4,7 mg oder 9,4 mg (Suprelorin®) kann zur Empfängnisverhütung bei der Hündin umgewidmet werden. Durch die allmähliche Down-Regulation von GnRH-Rezeptoren im Hypothalamus wird die Sekretion der Gonadotropine FSH und LH aus der Hypophyse langsam reduziert und es kommt nicht mehr zur Ausbildung von Follikeln am Ovar. Je nach Langzeitwirkung des Präparates verbleibt die Hündin im Anöstrus. Das Implantat sollte im Metöstrus (bei Progesteron-Serumkonzentrationen von > 30 nmol/l bzw. > 5 ng/ml im peripheren Blut) gesetzt werden. Es besteht eine strenge Indikationsstellung und die Besitzer müssen über mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen aufgeklärt werden. Auch nach dem Setzen des Chips ist wie beim Rüden ein „Flare-Up“ möglich mit Anstieg von FSH und LH sowie der Serumöstrogene und einer möglichen Läufigkeit. Somit können folgende Nebenwirkungen nach Implantation auftreten: Ovulationsstörungen, Eierstockzysten, verlängerte Läufigkeiten oder Metropathien (glandulärzystische Endometriumhyperplasie). Aus diesem Grund sollte der Chip bei Einsetzen einer Läufigkeit unbedingt chirurgisch entfernt werden, damit ein normaler, komplikationsloser Zyklus ablaufen kann.

Eine Kontraindikation für das Setzen des Implantates besteht bei Veränderungen an den Ovarien, Uterus bzw. unregelmäßigen Läufigkeiten.

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Der Einsatz vor der Pubertät, um die Läufigkeit zu verschieben, oder zur Induktion einer Ovulation bei Zuchthündinnen wird diskutiert. Sollte daraus eine Trächtigkeit entstehen, muss der Chip noch während des Östrus wieder entfernt werden, damit es nicht zum vorzeitigen Abort kommt

Mögliche Haarkleidveränderungen nach Kastration bei bestimmten Rassen

  • Eine Zunahme der Wollhaare und der Unterwolle kann bei Hündinnen langhaariger Rassen mit glänzendem Deckhaar wie Irish Setter, Langhaardackel oder Spaniel auftreten.
  • Feines, dünnes Babyfell kann bei langhaarigen Rassen mit rotem Fell wie Irish Setter, Langhaardackel und Englische Cocker Spaniel in Erscheinung treten.
  • Eine bilaterale saisonale Alopezie in der Flanke bei Kastration im 1. Lebensjahr ist bei der Englischen Bulldogge, Boxer, Zwergschnauzer und Zwergpudel möglich.
  • Eine Zunahme der Wollhaare und leichteres Verfilzen der Haare wurde bei Hütehunden nach Kastration im Alter von > 8 Jahren beobachtet.
  • Farbintensitätsverlust, übermäßige Wollhaarbildung, vermehrter Lockenbildung und Verlust von Deckhaar wurde bei Hovawart, Beagle und Cocker Spaniel beschrieben.
  • Dichteres Fell mit weniger Glanz und geringerer Farbintensität kann beim Spaniel, Setter, Langhaardackel, Retriever, Neufundländer, Landseer und Eurasier nach Kastration vorkommen.
  • Die symmetrische Flankenalopezie betrifft oft kurzhaarige Rassen.

Medizinische Indikationen für eine Kastration bei der Hündin

  • Ovarialzysten/Ovarialtumore
  • unvollständige Kastration
  • Vaginalprolaps während der Läufigkeit
  • Vaginaltumore
  • Gebärmutterentzündung
  • Diabetes mellitus (endogene Progesteronsynthese = Insulinantagonismus)
  • rezidivierende Scheinträchtigkeiten
  • (Mammatumore)
  • genetische Erkrankungen/Intersexualität
  • katameniale, zyklusabhängige Epilepsie

Kontakt zu den Autorinnen: www.tierklinik-­trier.de

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